Ein erster Lichtblick – ein gutes Beispiel

Die Task Force der internationalen Wissenschaftler begrüßt beispiellose globale Maßnahmen zur Einschränkung der bienentötenden Neonikotinoide.
Frankreich ist das erste Land überhaupt, das Neonikotinoide verbietet. Die philippinische Provinz Marinduque verhängt ein vollständiges Verbot zum Schutz der Bestäuber.

Pressemitteilung der Task Force on Systemic Pesticides

20. September 2018

PARIS – Frankreich ist das erste Land der Welt, das alle Neonikotinoid-Pestizide (Neoniks) verbietet, die mit dem weit verbreiteten Verlust von Honigbienen-Völkern und massiven Rückgang der Wildbienenpopulationen und der gesamten Biomasse von Insekten zusammenhängen. Heute wurde die Entscheidung von der internationalen Task Force on Systemic Pesticides (TFSP) begrüßt.

Das Verbot, das am 1. September in Kraft getreten ist, geht über die in diesem Frühjahr von der EU angekündigten Maßnahmen zur Einschränkung des Einsatzes dieser Pestizide hinaus. Ende August erließ die Provinz Marinduque auf den Philippinen eine Verordnung, die die Einfuhr, den Kauf, den Verkauf und die Verwendung von Neonikotinoide und Fipronil verbietet. „Die französischen und Marinduque-Aktionen stellen seltene gute Nachrichten in den globalen Bemühungen zum Schutz der Bestäuber dar und verbieten den Einsatz systemischer Pestizide, wie z.B. Neonikotinoide, die Bienen und andere lebenswichtige Arten bedrohen“, sagte Dr. Jean Marc Bonmatin, Umweltchemiker bei der französischen Regierung und Experte für Neonikotinoide. „Wir brauchen alle Regierungen, von den kleinsten bis zu den mächtigsten Ländern, um den Einsatz der Neonikotinoide in der Landwirtschaft weltweit weiter einzuschränken“.

„Das Verbot von Neonotinoiden per Gesetz war ein demokratischer Erfolg“, sagte Madame Delphine Batho, gewählte Abgeordnete der französischen Nationalversammlung für den Bezirk Deux-Sèvres und ehemalige französische Ministerin für Ökologie, nachhaltige Entwicklung und Energie. „Während drei Neonikotinoide in allen 28 Ländern der Europäischen Union ebenfalls verboten werden, geht das französische Gesetz noch weiter, weil es auf alle fünf Neonikotinoid-Pestizide abzielt, die in Frankreich verwendet wurden. Das französische Parlament hat kürzlich auch über eine Ausweitung des Verbots abgestimmt, um alle neuen Pestizide zu beschränken, die gleiche wirken wie die Neonikotinoide“.

„In Marinduque, dem Schmetterlingszentrum der Welt, ist die Schmetterlingszucht eine wichtige Lebensgrundlage für die lokalen Gemeinschaften. Wir mögen klein sein, aber wir schließen uns Frankreich an, um die Neonikotinoide zu verbieten, um die biologische Vielfalt, die Ernährungssicherheit und die Lebensgrundlagen unserer Bevölkerung zu schützen“, sagte Romulo A. Bacorro, Vize-Gouverneur der Provinz Marinduque, Republik der Philippinen. Vize-Gouverneur Bacorro ist derzeit ebenfalls in Paris, um mit Wissenschaftlern und Beamten der französischen Nationalversammlung zusammenzutreffen. Sein Anliegen ist, die Abgeordneten von der Notwendigkeit koordinierter globaler Maßnahmen zur Einschränkung der Neonikotinoide und zur Förderung weniger toxischer, bewährter Alternativen zur Schädlingsbekämpfung zu überzeugen.

Andere Regierungen treiben ebenfalls die Beschränkungen der Neonikotinoide voran, als Reaktion auf die starken wissenschaftlichen Erkenntnisse über ihre erheblichen Umweltschäden und die Verfügbarkeit von weniger toxischen, wirtschaftlichen und wirksamen Methoden zur Schädlingsbekämpfung. Kanada hat vorgeschlagen, die Zulassung von drei kommerziell erhältlichen Neonikotinoiden in den nächsten drei bis fünf Jahren auslaufen zu lassen. Die gleichen drei Chemikalien werden in allen 28 Ländern der Europäischen Union sowie in der Schweiz Anfang 2019 ebenfalls verboten sein.

Für weitere Informationen oder zur Vereinbarung eines Interviews
wenden Sie sich bitte an uns:

Prof. Dr. med. Klaus-Werner Wenzel
Task Force on Systemic Pesticides
Terrassenstraße 48, D-14129 Berlin
Tel. +49 – (0) 30 – 802 40 21
Fax +49 – (0) 30 – 801 64 06
Email: kwwenzel@gmx.de

Anfragen in Französisch oder Englisch beantwortet auch gerne:
Dr. Jean Marc Bonmatin
Task Force on Systemic Pesticides und Centre National de la Recherche Scientifique,
Centre de Biophysique Moléculaire, Frankreich:
Tel +33 6 88 23 72 57

Die Task Force on Systemic Pesticides (tfsp.info) ist eine internationale Gruppe unabhängiger Wissenschaftler, die von der International Union for Conservation of Nature einberufen wurde. Sie ist die Antwort der wissenschaftlichen Gemeinschaft auf die globale Sorge über die Auswirkungen von Neonikotinoid-Insektiziden auf die Biodiversität und die Ökosysteme.

Anfang dieses Jahres veröffentlichte die TFSP einen umfassenden Überblick über Hunderte von veröffentlichten wissenschaftlichen Studien über die Umweltauswirkungen der Neonikotinoide: Das ,,Worldwide Integrated Assessment on Systemic Pesticides“, Band 2. Die TFSP kam zu dem Schluss, dass die großflächige, prophylaktische Verwendung der Chemikalien erhebliche, unbeabsichtigte ökologische Folgen für Nichtzielarten hat. Diese umfassen unter Anderen Bienen und nützliche wirbellose Tiere im Boden. Darüber hinaus hat der Pestizideinsatz gravierende Folgen für sowie für das Leben auf und im Boden, in Gewässern, für Feuchtgebiete und Lebensräume im Meer.

Die Überprüfung der verfügbaren wissenschaftlichen Fakten ergab auch, dass Neonikotinoide massive Auswirkungen auf Bienen und andere Insekten haben. In hohen Dosen wirken sie akut tödlich. In geringeren Dosen, selbst in kleinsten Spuren können sie wichtige Überlebensfunktionen der Insekten durch ihre chronische Toxizität beeinträchtigen: Neben der Beeinträchtigung von Geruchsvermögen, Immunsystem und Fortpflanzungsfähigkeit können sie Gedächtnisverlust verursachen; reduzierte Nahrungssuche bei Bienen; verändertes Tunnelverhalten bei Regenwürmern; sie schädigen die Flugkapazität und erhöhen die Krankheitsanfälligkeit von Tieren.

Neonikotinoid-Pestizide („Neoniks“) sind nikotinbasierte Insektizide, die auf das zentrale Nervensystem von Schadinsekten abzielen. Sie sind systemische Pestizide, d.h. sie werden von der Pflanze aufgenommen und in alle Pflanzengewebe – Wurzeln, Stängel, Blätter, Blüten – integriert. Außerdem werden sie in der Umwelt verteilt – in Böden, Gewässern, und sind mittlerweile in vielen Nahrungsmitteln zu finden – nicht nur im Honig.

Links zu den bisher erschienen Arbeiten (alle in Englisch):