Imkerreise 2019

Drei Tage in der Uckermark – Imkerreise 6.-8. September 2019

Programm:

  1. Tag: Jüdisches Museum in Schwedt und Besichtigung der Wanderimkerei Vogel
  2. Tag: VERN e.V. in Greiffenberg, Blumberger Mühle, „Grützpott“ in Stolpe und Criewen im Unteren Odertal
  3. Tag: Dorfspaziergang Landin, Gutshaus Mürow, Angermünde und Biorama Joachimsthal

Die Uckermark ist eine hügelige Landschaft im Land Brandenburg und reich an Seen. Sie grenzt im Norden an Mecklenburg-Vorpommern, im Osten an die Oder, im Süden an den Barnim und im Westen an das Ruppiner Land. Unsere Reise ging in den östlichen Teil der Uckermark, in die Region Schwedt und Angermünde. Für mich persönlich ist es meine 6. Imkerreise. Auch diese Reise war wieder klasse. Schön war es, auch einmal die nähere Umgebung kennen zu lernen. Nicht umsonst heißt es „Warum in die Ferne schweifen, siehe, das Gute liegt so nahe“.

1. Tag

Der Reisebus erreichte etwa nach 2 Stunden die Stadt Schwedt. Schwedt liegt an der Oder und hat ca. 30.000 Einwohner. Der Krieg zerstörte die Stadt zu 85 Prozent. Als Industriestadt wurde sie wiederaufgebaut. Eine Papierfabrik und das Erdölverarbeitungswerk Schwedt (heute PCK-Raffinerie) prägen noch heute das Bild der Stadt. Schwedt hat aber auch eine andere Seite. Die Oderlandschaft bietet sehr viel Natur. Im Jahr 2008 wurde Schwedt als erster Stadt Deutschlands der Titel Nationalparkstadt verliehen. Zwischen der Oder und der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße befindet sich die naturnahe Auenlandschaft Unteres Odertal.

Jüdisches Museum und Jüdischer Friedhof in Schwedt

Am Jüdischen Museum musste sich die Gruppe teilen. Der eine Teil der Gruppe besichtigte den Jüdischen Friedhof und der andere Teil das Museum. Die Trennung war erforderlich, weil das Jüdische Museum zu klein für alle Teilnehmer ist. Der Jüdische Friedhof stammt aus dem 17. Jahrhundert. Aus Ehrfurcht betreten Männer nur mit Kopfbedeckung den Friedhof. Die Männer ohne Kopfbedeckung aus unserer Reisegruppe borgten sich Tücher von den Frauen aus und bedeckten ihr Haupt damit. Der Friedhof präsentiert sich sehr gepflegt. Ein Wunder, wenn man bedenkt, was der Friedhof für schwierige Zeiten durchmachen musste. 1938 wurde er geschändet. Die jüdische Gemeinde musste ihn an die Stadt Schwedt verkaufen. Die Grabsteine verblieben im jüdischen Eigentum. Dass der Friedhof trotzdem noch da ist, ist der damaligen Bürokratie zu verdanken. Bis 1945 konnten nicht alle Eigentumsverhältnisse abgewickelt werden.

Ein Friedhof hat im Judentum eine besondere Bedeutung. Das Grab gilt als ewiger Besitz des Ruhenden und kann somit nicht aufgegeben werden. Ein schriftliches Zeugnis über den Friedhof gibt es seit 1815. Es sind noch 121 Grabsteine erhalten. Die überwiegende Zahl der Steine ist zweisprachig: hebräisch und deutsch. Die beiden Inschriften unterscheiden sich deutlich bei den persönlichen Daten, Namen sowie Geburts- und Sterbedatum. Der Name in der deutschen Inschrift ist der bürgerliche Name. Die hebräische Inschrift enthält die jüdische, traditionelle Namensgesetzgebung. Bei der jüdischen Namensgebung werden Vorname des Verstorbenen und der Name seines/ihres Vaters genannt. Nach 1938 fand nur noch eine einzige Beerdigung statt. Hugo Meinhardt wurde von seiner Haushälterin heimlich neben seiner Frau beigesetzt. Der Grabstein befindet sich noch auf dem Friedhof.

Das Museum wurde erst im Jahr 2010 eröffnet. Es besteht aus dem Synagogendienerhaus, der Mikwe und einem Garten. Die Mikwe (hebräisch = Sammlung des Wassers) ist ein rituelles Tauchbad zur kultischen Reinigung von Menschen. Mit Plane geschützt sind die Synagogenfundamente im Garten. Für 2020 ist der Wiederaufbau geplant.

Freundlich wurden wir vom Museums-Personal begrüßt und in den Garten gebeten. Zur Feier des Tages, des Freitags (Vortag Sabbat), bekamen wir einen Mohnzopf mit verschiedenen Sorten Marmelade angeboten. Sehr interessant wurde uns aus dem jüdischen Gemeindeleben und von den jüdischen Ritualen erzählt. Das vollständige Untertauchen in lebendiges Wasser dient der sittlichen und religiösen Reinheit. Das ist so nach dem jüdischen Religionsgesetz vorgeschrieben. Die Mikwe ist neben der Synagoge ein wichtiger Bestandteil des jüdischen Gemeindezentrums. Die Mikwe steht auf dem Gelände des Museums und ist vollständig restauriert. Eine Treppe führt hinunter in eine Garderobe. Nachdem der Gläubige sich entkleidet hatte, reinigte er sich im Badezimmer. Dort wartete eine Badewanne mit angenehm warmen Wasser auf ihn. Dann ging es 8 Stufen die Treppen hinunter in das rituelle Tauchbad. Das Tauchbad wird bekrönt durch eine aus Kalkstein gemauerte Kuppel. Mehrfach tauchte der Gläubige unter. Das Wasser hat im Sommer und im Winter konstant 8 Grad. Es handelt sich um Grundwasser.

Besuch einer Wanderimkerei

Nachmittags besuchten wir eine Wanderimkerei auf ihrem Pachtgrundstück in Schwedt. Auf einer Lichtung standen Holzbänke und –tische für uns bereit. Lecker mundeten Kaffee und Kuchen. Besonders munterer Flugbetrieb herrschte an den Wassertränken. Große Bottiche mit Schwimminseln zogen die Bienen magisch an. Ich habe mich gefragt, warum diese Wasserstellen so gefragt sind. Bei mir zu Hause nehmen die Bienen die Wasserstelle nur sehr sparsam an. Wahrscheinlich liegt es an dem modrigen Wasser, dass durch Zusatz von Erde und Gras extra erzeugt wird. Dadurch unterscheidet sich die Tränke nicht von einer natürlichen Wasserstelle. Die Wanderimkerei gibt es seit 5 Jahren und wird vollberuflich betrieben. Derzeit werden 200 Völker (Buckfastbiene) in Segeberger Magazinbeuten mit DNM und DNM 1,5 betreut. Bis zu 11 Sorten Honig werden erzeugt. Neben dem Honig ist der Verkauf von Ablegern ein wichtiges Standbein. Die Varroa-Milbe wird mit Maqs-Streifen bekämpft. Es handelt sich um Wachsstreifen, die mit Ameisensäure getränkt sind. Der Streifen wird eine Woche auf die Rahmen gelegt. Eine Bodenplatte darf nicht eingeführt sein. Wichtig ist, die Gebrauchsanweisung genau zu beachten. Der Honig wird regelmäßig von einem Labor untersucht. Der Beprobungsumfang lässt sich reduzieren, wenn der Name des Spritzmittels dem Labor gleich mitgeteilt werden kann.

2. Tag

VERN e.V. in Greiffenberg

Nach einer kurzen Fahrt mit dem Bus durch die hügelige Landschaft der Uckermark erreichten wir am 2. Tag unser erstes Ziel, den Verein VERN in Greiffenberg. Ein Mitarbeiter von VERN hat einen kurzen Überblick über die Aufgaben des Vereins gegeben und uns über das Betriebsgelände geführt. Der Verein hat sich zur Aufgabe gemacht, Nutzpflanzen zu erhalten und zu rekultivieren. Damit soll ein weiterer Rückgang der Nutzpflanzenvielfalt aufgehalten werden.

VERN bezieht das Saatgut von Gen-Banken. Auf einer Bewirtschaftungsfläche von 0,4 ha wird das Saatgut angebaut, gesichtet und vermehrt. Am Beispiel von Roten Beeten wurde uns das Verfahren erklärt. Rote Beete blüht erst im 2. Jahr. Zwischen den Reihen standen 2 Pflanzen, die in der Farbe stark von den anderen Pflanzen abwichen. Alte Sorten sind nicht so einheitlich im Bestand. Im 2. Jahr wird das Saatgut aus den besten Pflanzen gewonnen und verkauft. Dafür gibt der Verein jährlich einen Saatgutkatalog heraus. Alle Sorten sind samenfest und zur Saatgutgewinnung für den eigenen Nachbau geeignet.

Es gibt auch Rückschläge. In einem Gewächshaus standen ganz traurig aussehende Tomaten. Die Tomatenrostmilbe war über die Pflanzen hergefallen. Die Pflanze stirbt ab, es kommt zu einer Notreife der Tomaten. Problematisch ist, dass die Milbe bis 0,9 m Tiefe in der Erde sitzt.

Probiert haben wir zwei Sorten Basilikum. Die eine Sorte „Mexican Spice“ schmeckte scharf und exotisch. Die zweite Sorte „Dalmatischer Basilikum“ schmeckte deutlich milder. Zum Abschluss der Führung konnten wir Saatgut erwerben.

Blumberger Mühle

Weiter ging die Fahrt zum NABU-Naturerlebniszentrum Blumberger Mühle. Die Blumberger Mühle liegt im UNESCO-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Das Naturerlebniszentrum ist erlebbar durch eine Ausstellung im Gebäude und Freigelände. Ein weitläufiges Gelände haben wir durchstreift und konnten verschiedene Lebensräume erkunden.

Stolper Turm

Direkt nach dem Mittagessen in der Blumberger Mühle ging es weiter zum Stolper Turm in Stolpe. Weithin ist der Turm sichtbar. Er thront breit und fett auf einer Anhöhe und hört auf den Spitznamen „Grützpott“. Nach einem Aufstieg von 300 m erreichten wir den Turm. Bereits vom Fuße des Turms bietet sich ein herrlicher Blick in das Untere Odertal. Fast zum Greifen nahe die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße, ganz in der Ferne die Oder. Der Stolper Turm ist die dickste Turmburg Deutschlands. Die Mauerstärke beträgt 6 m im unteren Bereich und oben immerhin noch 4 m. Die Entstehungszeit wird am Ende des 12. Jahrhunderts vermutet. Dass der Turm noch so gut erhalten ist und überhaupt wieder zu besichtigen ist, ist dem Einsatz des Dorfvereins Stolpe zu verdanken. Eine Dame vom Ortsverein hat uns das damalige Leben im Wohnturm erklärt. Auch in das Verließ sind wir hinabgestiegen.

Schlosspark Criewen

Den Abschluss des Tages machte Criewen. Das Örtchen liegt zwischen Stolpe und Schwedt. Neben dem Nationalparkzentrum ist das Schloss Criewen dort beheimatet. Ein Spaziergang durch den schönen Schlosspark rundete den Tag ab. Der Park wurde um 1850 von Peter Joseph Lenné nach englischem Vorbild parallel zur „alten“ Oder angelegt. Dazu wurde das alte Dorf bis auf die Kirche abgerissen und weiter östlich neu aufgebaut. Mit dem Bau der Parkanlage entstanden auch das „kleine Schloss” im Nordwesten und der Parkgarten im Norden mit weiteren Gebäuden.

3. Tag

Spaziergang durch das Dorf Landin

Landin wurde erstmals im Jahr 1250 im sog. Vertrag von Landin erwähnt. Dieser Vertrag gilt als Geburtsstunde der Uckermark. Das Dorf und die Geschichte des Dorfes wurden uns durch Jens Wiese fachkundig nähergebracht. Landin besteht heute aus zwei Ortsteilen, Niederlandin und Hohenlandin. Wie es der Name schon sagt, liegt der eine Dorfteil niedriger als der andere. Unseren Dorfspaziergang starteten wir in Niederlandin bei der Feuerwache. Dort stand auch das Schloss. Von dem ist nur noch der Turm übergeblieben. Die Feldsteinkirche ist reich ausgestattet. Sie wurde grundsaniert und ist ein Schmuckstück. Der Flügelaltar strahlt in einem königlichen Blau und stammt aus 1580. An der Dorfstraße stehen noch einige Giebelhäuser. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass Wohnen und Stall unter einem Dach erfolgten. Wir konnten einen Blick in den Garten eines Giebelhauses werfen. Umwerfend ist der Garten. Riesige Grundstücke befinden sich hinter dem Haus. Genau das Richtige für Naturliebhaber. Eine reiche Betätigung in Feld und Flur ist garantiert. Weiter ging es nach Hohenlandin. Dort steht die Schlossruine. 1945 wurde das Schloss entschädigungslos enteignet und steht seit 1977 leer. Die verflossene Schönheit des Schlosses zeigt sich am Eingangsportal. Ein Greifvogel aus Terrakotta schmückt den Eingang. Zum Schloss gehörten ein Park – gestaltet vom Generaldirektor der königlich-preußischen Gärten, Peter Joseph Lenné – sowie Wald und Äcker. Besser erhalten sind die zum Schloss gehörige Brennerei und der Marstall.

Gutshaus Mürow

Anlässlich des Tags des offenen Denkmals hatten wir Gelegenheit, das Sanierungsprojekt Gutshaus Mürow zu besichtigen. Seit 2017 bemüht sich ein Förderverein um die Sanierung. Neben privaten Wohnräumen sollen auch Gastzimmer für Künstler eingerichtet werden. Dach und Fassade sind bereits saniert. Derzeit erfolgt der Innenausbau. Einen Terminplan für ein Ende der Arbeiten gibt es noch nicht. Allein die Restaurierung einer Eichenholz-Innentür braucht 2 Wochen.

Biorama

Zum Abschluss unserer Reise besichtigten wir das Biorama in Joachimsthal. Bei dem Biorama-Projekt wurde ein historischer Wasserturm als Wohnturm umgewidmet. Die beiden Eigentümer stellten ihr Projekt persönlich vor. Der Name Biorama leitet sich von Biosphärenreservat und Panorama ab, hat also nichts mit der Margarine zu tun. Auf dem Dach des 21 Meter (123 Meter üNHH) hohen denkmalgeschützten Turmes wurde anstelle des Wasserbehälters eine Aussichtsplattform errichtet. Die Aussichtsetage kann von den Besuchern entweder über eine moderne Metall-Außentreppe mit 118 Stufen oder über einen nebenstehenden futuristischen und behindertengerechten Aufzug erreicht werden. Von der Plattform bietet sich dem Besucher eine ungehinderte Sicht in alle Richtungen über große zusammenhängende Brandenburger Waldgebiete. Bei günstigen Bedingungen reicht die Sicht bis zur Skyline des 35 Kilometer entfernten Berlin.

Text: Birgit Hach-Klarholz