Tagesausflug in den Spreewald

Am 10. September 2016 startete ein Bus voller Imker in den Spreewald. Wie immer ging es um 7.00 Uhr an der Königin-Luise-Straße los. Um es vorweg zu nehmen, wir haben den Tag fast bis zur letzten Minute ausgekostet. In diesem Jahr konnten wir nur eine Tagesfahrt machen. Alle Quartiere zum Übernachten waren ausgebucht. Einen ersten kurzen Zwischenstopp hatten wir in Vetschau. Dort stieg unser Reiseführer, Herr Eberhard Witzke, zu. Die Organisatoren des Ausfluges hatten Eberhard auf der Grünen Woche kennen gelernt. Eberhard ist Vorsitzender des Imkervereins in Burg und kennt die Region wie seine Westentasche. Begeistert hat mich die schöne Landschaft, eine prächtige Landschaft. Die Straßenränder sind voll mit Apfelbäumen. Das Rot der Äpfel leuchtete uns an. Kein Wunder, denn die Bäume waren brechend voll. Die Rabatten in den Dörfern sind alle liebevoll bepflanzt. Aber wie in vielen Regionen herrschen auch hier nicht nur paradiesische Zustände. Immer mehr große Arbeitgeber schließen ihre Tore. Zum Glück hat sich aber der Tourismus gut entwickelt. Eberhardt hat uns die ganze Fahrt über begeistert von Land und Leuten berichtet.

Unser erstes Ziel war Burg. Burg liegt im oberen Spreewald. Burg soll touristisch nicht so überlaufen sein wie z.B. Lübbenau, dafür ist es aber genauso schön. Der Spreewald besteht aus einer Wald-, Wiesen- und Flusslandschaft. Etwa 500 Fließe ziehen sich durch das Gebiet. Burg ist flächenmäßig die größte Landgemeinde, zugleich aber auch die am dünnsten besiedelte. Auf 50 km² leben nur 4.000 Einwohner. In der Region sind alle Ortschilder zweisprachig. Unter dem deutschen Namen steht der sorbische Name. Burg heißt auf Sorbisch Borkowy. Diese Gegend ist die Heimat der Sorben und Wenden. In Burg-Waldschlösschen startete unsere 2-stündige Kahnfahrt. In 2 Booten sind wir durch die Kanäle gestakt worden. Eine ganz andere Welt als unser doch oft hektisches Umfeld. Ein leichter Dunst lag über dem Wasser und den Wiesen. Der Fährmann hat das Boot rechts und links abbiegen lassen. Ich dachte, wir sind ganz weit weg. Aber welche Überraschung, wir waren im Kreis gefahren. Dabei hat uns der Fährmann allerlei Wissenswertes über den Spreewald erzählt, z.B., dass die Anzahl der Lizenzen für die Fährmänner begrenzt ist. Ein neuer Fährmann kann nur das Geschäft aufnehmen, wenn ein Platz frei wird, so wie bei den Notaren. Diesen Umstand bringt das nachfolgende Gedicht zum Ausdruck: „Ich war ein junger Fährmann. Ich habe manche Fahrt gemacht. Nun bin ich alt und müde. Ein Fährmannplatz wird frei.“

Fast direkt am Hafen haben wir gegessen. Gedeckt war für uns direkt am Bootssteg. Schnell waren die Sonnenschirmplätze draußen besetzt. Es war trotz der herbstlichen Jahreszeit noch hochsommerlich warm. Die Boote anderer Touristen gleiten dahin. Dabei haben wir das Essen verspeist. Nach dem Mittagessen war noch ausreichend Zeit für einen Verdauungsspaziergang. Kinder haben wir beim Schleusen beobachtet und uns gewundert, wie eifrig diese bei der Arbeit waren. Unser Führer Eberhardt hat uns später erzählt, dass die Arbeit bei den Kindern sehr beliebt ist. Es handelt sich für sie um ein einträgliches Geschäft. Viele Bootsfahrer zahlen einen Obolus. Spätestens wenn die Kinder singen „Wir sind zwei kleine Preußen, wir wollen sie gleich schleusen. Die Arbeit ist sehr schwer, daher erbitten wir etwas mehr, “ lässt auch der größte Geizkragen eine Münze springen. Die Schleuse müssen die Kinder per Muskelkraft betrieben. Zeit zum Ausruhen ist nicht. Als wir zuschauten, kamen ohne Unterbrechung die Boote an und warteten auf ihre Schleusung.

Nach dem Mittagessen ging es weiter nach Dissen (Desno). Ein kleiner Ort, der über ganz viele „Schätze“ verfügt: Viele Storchennester, eine Kirche, Museum und Kräutergarten. Außerdem befindet sich dort in der Nähe das größte Renaturierungsgebiet Deutschlands. Die Storchen-Nester waren jahreszeitlich bedingt leer. Die Fachwerk-Kirche sieht innen aus wie eine Bauernstube. Dieser Eindruck entsteht durch die besonders verzierte Decke. Sie ist bemalt mit hunderten von verschiedenen Pflanzen, aber auch Tieren und Symbolen. An den Emporen befinden sich sorbische/wendische und deutsche Inschriften neben der gemalten Lebensgeschichte Jesu.

Direkt neben der Kirche ist das Museum. Es zeigt das Leben und die Bräuche der Sorben. Flachs und Kartoffeln wurden damals angebaut. Beide Pflanzen kommen gut mit der Feuchtigkeit zurecht. Allerdings entwickeln sich auch die Mäuse sehr gut. Das ist wiederum positiv für die Störche. Ein Storch braucht etwa 50 Mäuse am Tag. Allerdings war es in diesem Jahr zu trocken. Dadurch gab es nur wenige Mäuse. Manch eine Storchenfamilien hat es nicht geschafft, die Jungen groß zu ziehen. Beindruckt hat mich, dass aus Flachs, aus Stroh, Gold werden kann. Flachs wird mit einem kammähnlichen Gegenstand bearbeitet. Nach der Prozedur sieht der Flachs aus wie echtes Haar. Daraus wird dann Lein gesponnen und Kleidung gefertigt. Die sorbische Kleidung fällt dadurch auf, dass sie unheimlich aufbauscht. Dünn sein entsprach damals nicht dem Schönheitsideal. Die Qualität der Kleidung ist enorm. Davon können wir heute nur noch träumen. Auch wird aus Lein das wertvolle Leinöl gewonnen. Leinöl ist reich an Omega 3 Fettsäuren. In dem Museum ist ein alter Smoker ausgestellt. Er sieht aus, wie eine kleine Rakete. Die Zeidler mussten Honig und Wachs an die Herrschaft abgeben. Die Zeidler waren damals angesehene Leute. Sogar Frauen durften die Zeidler- Rechte erben. Dadurch gab es bei den Sorben viele glückliche Witwen, die ein hohes Ansehen genossen.

Zum Museum gehört eine mittelalterliche slawische Siedlung. Sie besteht aus 5 Grubenhäusern. Die Häuser waren für damalige Verhältnisse komfortabel mit Feuerstelle ausgerüstet. Außerdem gab es ein kuscheliges Bett. Aus Birkenreisig wurde eine Matratze hergestellt. Darüber wurde das Fell gelegt. Es gab keine Schimmelprobleme, da alles locker aufeinander lag und problemlos gelüftet werden konnte.

Ein paar Schritte weiter und wir standen im Arznei- und Gewürzpflanzengarten. Über 600 verschieden Pflanzen wachsen dort. Der Garten steht prächtig. Viele Pflanzen haben noch einmal ihr Letztes gegeben. Dem Garten war nicht anzusehen, dass er Anfang des Jahres von Burg nach Dissen umziehen musste. In dem dazugehörigen Lädchen konnten sowohl Kräuter als auch Pflanzen erworben werden. Hier haben wir den Imkervorsitzenden von Dissen kennen gelernt. Er hat uns die Klotzbeute eines Imkerkollegen gezeigt. Ein handwerklich herausragendes Stück. Danach haben wir uns bei Kaffee und Kuchen gestärkt. Es gab leckeren selbstgebackenen Blechkuchen im Cafe Liska.

Letzter Programmpunkt des Ausfluges war ein Abstecher in die Spreeaue mit dem Teufelsberg. Es handelt sich um ein Renaturierungsgebiet. Von 2006-2014 wurden die Spree und ihre Aue auf einer Länge von 11 km und einer Fläche von 400 ha renaturiert. Der Mensch hatte schwerwiegend in die Landschaft eingegriffen, die Spree begradigt, reguliert und eingedeicht. Auenwälder wurden trocken gelegt und zu landwirtschaftlichen Nutzflächen umgewandelt. Als Folge war die Gegend an Arten arm geworden. Das Gebiet um den Teufelsberg wurde als Erlebnisbereich gestaltet. Durch einen Weidentunnel geht es hinauf auf den Teufelsberg. Dort steht eine Ochsen-Skulptur mit dem Teufel. Von dort hatten wir einen schönen Blick in die Landschaft. Auch Auerochsen haben wir gesehen. Zu unserer großen Freude ging es dann noch kurzentschlossen nach Cottbus. Eberhardt hat uns die Stadt vom Bus aus gezeigt und den Branitzer Park. Wir konnten sogar kurz aussteigen und uns die Pyramiden des Fürsten Pückler ansehen. In jedem Fall lohnt es sich, nach Cottbus wieder zu kommen. Dann war es auch höchste Zeit, die Heimreise anzutreten. Wir haben uns von Eberhard in der Hoffnung auf ein Wiedersehen verabschiedet.
Birgit Hach-Klarholz